1. MIT KRIEGEN – NICHTS NEUES.
Unter dem Begriff ‚Krieg’ versteht man mit Waffengewalt ausgetragene Auseinandersetzung zwischen greren Gruppen , in der Regel , sind es Staaten oder Vlker. Man unterscheidet verschiedene Arten des Krieges :
A} Verteidigungskrieg
B} Angriffskrieg
C} Eroberungskrieg
D} Brgerkrieg – der mit den Waffen ausgetragene Machtkampf streitender Parteien innerhalb eines Staates
E} Guerillakrieg ( Partisanenkrieg )
Nach den Kriegsgrnden unterscheidet man z.B.
A) Religionskrieg
B) revolutionren Krieg
C) Kolonialkrieg
D) Sezessionskrieg
Im konkreten Fall lt sich jedoch heute ein Krieg immer weniger einem einzigen Typ eindeutig zuordnen . ( vgl. Brockhaus Enzyklopdie , Band 10,F.A.Brockhaus, Wiesbaden , 1971 , S.643 ). In der Weltgeschichte hrt man immer wieder ber die verschiedenen Kriege , die schon seit dem Altertum bis heute stattfinden .Zu den grten Kriegen kann man vor allem zhlen :
A) die Kreuzzge ( 11-13 Jh )
B) den Hundertjhrigen Krieg ( 1357-1453 ) – Krieg zwischen England und
Frankreich um die Vorherrschaft in Westeuropa.
C) den Dreiigjhrigen Krieg ( 1618-1648 ) – deutscher und europischer
Religionskrieg zwischen Katholiken und Protestanten.
D) den Siebenjhrigen Krieg ( 1756-1763 )
E) den Sezessionskrieg in der USA ( 1861-1865)
F) den Ersten Weltkrieg ( 1914-1918 )
G) den Zweiten Weltkrieg ( 1939-1945 )
( vgl. Marian Toporek , Historia powszechna w pigułce, Małopolska Oficyna Wydawnicza ‘Korona’ , Kraków , 1998 )
Seit dem Ende des 2. Weltkrieges fanden und finden immer noch mehr als 180 Krieg statt. Eineiseits erschttern uns diese tglichen Zeitungsmeldungen ber Kriegstote und Kriegsberichte im Fernseher oder in anderen Medien , aber andererseits profitieren wir bewut davon. Wir erhalten Arbeitspltze durch Waffenproduktion und unser Staat erhebt hohe Steuern von den verschiedenen Rstungsfirmen.
Der Krieg ist auch eine Quelle verschiedener Episoden aus dem Leben , die knstlerisch in unterschiedlicher Form und Sinndeutung gestalten werden. Obwohl verschiedene lyrische Formen , wie z.B. Kampfgesnge , Landsknechtslieder , Klagelieder oder Trostlieder , mit dem Krieggeschehen verbunden sind , ist der Krieg nicht gattungsspezifisch. ( vgl. Horst S. und Ingrid G. Daemmrich , Themen und Motive in der Literatur , Francke Verlag , Tbingen , 1995 , S.228 ). Nach Horst S. und Ingrid G. Daemmrich gab der Krieg Anla zu :
- Meisterwerken der Weltliteratur :
H.J.Ch von Grimmelshausen ( 1621 oder 1622-1676 )
Lev Tolstoi ( 1828-1910 ) ‚Krieg und Frieden’ ( 1885 )
Ernst Hemingway ( 1899-1961 )
- in fast alle Sprachen bersetzte und verfilmte Darstellungen.
E.M.Remarque ( 1898-1970 ) – ‘Im Westen nichts Neues’ ( 1929 )
Margaret Mitchell ( 1900-1949 ) – ‘Gone with the Wind’ ( 1936 )
- Gestaltungen , in denen andere Primrthemen den Krieg aufnehmen
Wilhelm Raabe ( 1831-1910 ) – ‚Das Odfeld’ ( 1888 )
- einer ideologisch gefrbten Kriegsdlichtung
Keith Douglas ( 1920-1944 ) – ‚Collected Poems’ ( hrsg.1951 )
Edwin Erich Dwinger ( 1898-1981 ) – ‚Die Armee hinter Stacheldraht (1929)
Alum Lewis ( 1915-1944 ) - ‚Raider’s Dawn’ ( 1942)
Wilfred Owen ( 1893-1918 )
In der Thematiesierung des Krieges gibt es drei Deutungsmuster :
- Texte , die den Krieg verherlichen und zur Vaterlandstreue und Opferbereitschaft aufrufen
- Texte , die Dehumaniesterung im Krieg anklagen und sich an Menschen wenden , da das nie wiederholen darf.
- Texte die den Krieg objektiv zu erfassen versuchen
- ( vgl. Horst S. und Ingrid G.Daemmrich , 1995 , S.228 )
Ein polnischer Dichter – Konstanty Ildefons Galczynski ( 1905-1953 ) hat in seinem Gedicht ‚Das Lied von den Soldaten von Westerplatte’ ( 1939 ) geschrieben , da das nicht geschadet habe , da die Wunden der Soldaten so weh getat htten , weil sie jetzt in die Himmelswiesen gehen drften ( K.J.Galczynski , Poezje , Czytelnik , Warszawa 1966 , S.67 ). Die hnliche Eintellung kann man bei vielen Dichtern verscheidener Nationen beobachten , die die Kriegstoten verherrlichen wollen , was auch heute alltglich ist. Orden , Auszeichnungen , Gedenksttten, Kriegerdenkmler , Totenfeiern , Kranzniederlegungen fr die ‚Helden’ sind etwas bliches im Leben des Staates. Man betrachtet die Soldaten als Helden , die ihre Heimat verteidigt haben und fr den Frieden gestorben sind , aber niemand denkt dann daran , da das zugleich ‚Mrder’ oder ‚potentielle Mrder’ sind , die andere Menschen gettet haben.
Zu den grten Kriegswerken kennt man die ‚Simplicianischen Schriften’ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen ( 1621 oder 1622-1676 ) zhlen. Grimmelshausen ist einer der grten Autoren des 17.Jahrhunderts , der als 40 berschritten hat , schrieb sein grtes Werk ‚Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch’ , der 1668 erschien. Schon im Frhjahr 1669 wurde eine zweite Ausgabe erforderlich , vermehrt um die auch separat erhaltliche ‚Continumatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schlu desselben’. Der Erfolg fhrte in kurzer Zeit zu sechs autoriesierten und nicht autoriesierten Auflagen.
Der Roman erzhlt von einem 12 – jhrigen Jungen – Simplicissiomus , der Zeuge des berfalls der kaiserlichen Truppen auf sein Haus war. Er sah alle Foltern und Vergwaltigungen auf seinen Familienmitgliedern und heimlich floh er in den Wald. Dort wurde er von einen Einsiedler erzogen. Nach dem Tod des Einsiedlers ging er in die Welt , erlebte verschiedene Abenteuer und beobachtete die Greuel des 30 – jhrigen Krieges , die meisterhaft , sehr realistisch und mit viel Humor dargestellt wurden. Der ‚Simplicissimus’ weitet sich zu einer grellen Schilderung der Weit des 30 – jhrigen Krieges und einer Gesellschaft , in der alle Werte auf den Kopf gestellt sind und deren heiloser Zustand vor dem Hintergrund der christlichen Lehre und verschiedenen innerweltlichen Utopien um so deutlicher wird ( vgl. G.Albrecht , K.Bttcher , H.Greiner-Mai , P.G.Krohn , Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller , VEB Bibliographisches Institut , Leipzig , 1972 , S:361 )
Mit Fug und Recht kann man Remarques Schilderung des einfachen Soldaten , das Reflektieren , Fhlen und Sterben im Krieg des 20. Jahrhunderts ( ‚Im Westen nichts Neues’ ) als einen neuen ‚Simplicissimus’ bezeichnen , der in vergleichbarer Weise , wie seinerzeit Grimmelshausen im 30 – jhrigen Krieg des 17. Jahrhunderts , allgemeingltig die Greuel , Verbrechen und Schrecken des Krieges dieses Jahrhunderts fr die Nachwelt aufzeichnet. Gnther Deicke hat im Nachwort der Simplicissimus – Ausgabe des Aufbau - Verlags ( Berlin , Weimar , 1984 ) geschrieben : Simplicissimus ist ‚...ein in jeder Phase realistisches Werk , das ... die Jahrhunderte berdauert und seine Botschaft neu verkndet“. hnliche Situation ist mit dem Buch ‚Im Westen nichts Neues ‚ von E.M.Remarque , das auch die Jahrhunderte berdauert.
2.DIE EPOCHE DER WEIMARER REPUBLIK
Die berragende Bedeutung der Politik fr die Literatur in der Epoche der Weimarer Republik , also in der Zeit von 1918 bis 1933 wird bereits in der Epochenbezeichnung deutlich. Die Niederlage Deutschlands whrend des Ersten Weltkrieges , die deutsche Revolution , die Abdankung vom Kaiser Wilhelm II und die nationalsozialistische Machtergreifung hatten einen groen Einflu auf die Entwicklung Kriegliteratur. Nur wenige literarische Gattungsformen spiegeln die Zeitstimmung der Weimarer Republik in allen ihren Widerspchen so eindringlich und heftig engagiert wider wie die Kriegsromane und Antikriegsromane.
Viele Romane , die den Ersten Weltkrieg behandeln , erschienen hauptschlich in den Jahren 1927-1930 , zu einer Zeit , als die Wende von der Phase der relativen Stabilisierung der Weimarer Republik in ihre Kriese abzuzeichnen begann : neben der Wirtschaftskriese waren es auch andere politische Ereignisse , wie das erste Auftreten Hitlers in Berlin nach der Beerdigung seines Redeverbots ( 28.09.1829 ) , die Bildung der Kriesenregierung .( 30.03.1930) ( vgl. Deutsche Literatur in Einzeldarstellungen , Klett S.470 ) Vor diesem Hintergrund ergeben die Kriegs – und Antikriegsromane eine epochenerhellende Konstellation , in der ein zeitgeschichtlicher Befund der Weimarer Republik sichtbar wird.
Viele auslndische Schriftsteller haben auch ihre Aufmerksamkeit auf das Probleme des Ersten Weltkrieges gerichtet. Sie wollten die damaligen Menschen darstellen. Man sollte hier vor allem solche Namen nennen , wie .
Henri Barbusse ( 1873-1935 )- ‚Die Schutzflehenden ( 1903 )
- ‚Das Feuer’ ( 1916 )
Romain Rolland ( 1866-1944 )- ‚Das Spiel von Liebe und Tod’ (1924)
Ernst Hemingway ( 1899-1961 )- ‚In unserer Zeit’(1925)
2.1. NATIONALISTISCHE KRIEGSROMANE
Die nationalistischen Kriegsromane propagierten den Nationalismus. Nationalismus ist die entschiedenste Erscheinungsform des Nationalgedankens und Natinalbewutseins ,also des mit starkem Selbstbewutsein verbundenen Zusammengehrigkeitsempfinndens der Angehrigen einer Nation. Whrend der Patriotismus der die gegenseitige Anerkeunung und Achtung der Nationen grundstzlich nicht ausschliet , Voraussketzung jeder Staatlichkeit ist, gefhrdet der Nationalismus basonders in seinen extremen Formen , wie z.B.Chauvinismus oder Jingoismus , den internationalen Frieden , weil er das nationale Eigeninteresse ber alle anderen Werte erhebt. ( Brockhaus Enzyklopdie , Band 13 , F.A.Brockhaus , Wiesbaden , 1971 , S.217 )
Diese Gruppe der Romane der Weimarer Republik beschftigte sich mit der Verherrlichung des Krieges und des Kriegserlebnisses. Sie deuten auch nicht selten auf die nationalsozialistische Kriegspropaganda voraus. In vielen Werken zeigt sich eine sthetiesierung des Krieges. Sie spiegeln einen Zeitgeist. „Sie bringen psychische Dispositionen ebenso wie offen bekundete Gesinnungen , die seinerzeit immer mchtiger werden , zum Ausdruck. In diesem Neben – und Gegeneinander der Kriegsromane , in ihren schroffen Gegenstzen wird ein Grundzug der Epoche sichtbar : die unvershnlich widerstreitenden politischen , gesellschaftlichen und geistigen Krfte der Weimarer Republik, die in die schrfsten feindseligen Antinomien auseinanderstreben’ ( Deutsche Literatur in Einzeldarstelungen,
Zu den grten Vertretern der nationalistischen Kriegsromane gehren :
Ernst Jnger ( 1895- ) – „In Stahlgewittern. Aus dem Tagebuch eines Stotruppfhrers“ (1920 )
Edwin Erich Dwinger ( 1898-1981 ) – ‚Die Armee hinter Stacheldraht’ (1929)
Werner Beumelburg ( 1888-1963 ) – ‚Gruppe Bosemller’ ( 1930 )
Franz Schauwecker ( 1890-1964 ) – ‚Aufbruch der Nation’ ( 1930 )
Der wichtigste und wohl auch wirksamste Weltkriegsroman, der den Kampf als ‚inneres Erlebnis’ darstellt und fr viele sptere Romane zum Vorbild wird , ist schon im Jahre 1920 erschienen : ‚In Stahlgewittern. Aus dem Tagebuch eines Stotruppfhrers’ von E.Jnger. Er beschreibt den Krieg als elementare , reinigende Naturgewalt. Der Soldat wird als archetypischer Krieger verstanden , der seinen natrlichen Impulsen im Krieg folgen kann und sich dort eine eigene Welt schafft. Blutdurst , Kameradschaft und Fhrerprinzip bestimmen seine Welt , die er einem individualanarchistischen Trieb folgend , gegen die zivile Welt der Friedensordnung stellt. (vgl. hrsg. B.Balzer , V.Martens , Deutsche Litertur in Schlaglichtern , Meyers Lexikonverlag , Mannheim , Wein , Zrich , 1990 , S.403)
Andere nationalistische Kriegsromane , wie z.B. ‚Aufbruch der Nation’ von F.Schauwecker und ‚Gruppe Bosemller’ von W.Beumelburg widmen sich dagegen der Verherrlichung der Nation und der Fronterfahrung. Ihr zentrales Motiv findet man in der Kameradschaft.